15. Mai 2019
Reisebericht von André Wiederkehr
Der erste Tag versprach schon volles Programm. Von Zürich sollte es in rund achteinhalb Stunden via Limoges und Santander nach A Coruna gehen. Ein früher Abflug in Zürich war daher angezeigt, damit man einigermassen zeitig die Destination erreichen konnte. Aber der Wettergott war da etwas anderer Meinung. Dicker Nebel lag am frühen Morgen über dem Flughafen Zürich und verhinderte einen Start mit den ersten Morgenslots.
Erst gegen 10:30 Uhr lichtete sich der Nebel und so konnte die Gruppe mit je zwei Cessnas und zwei Archer im Formationsflug mit gut zwei Stunden Verspätung die Reise in den äussersten spanischen Nordwesten beginnen. Unterwegs – über rund 800 nm – war uns dann der Wettergott gnädig. Einzig in der Region von Biarritz, vor allem zwischen Gijon und unserer Destination, liessen tiefe Wolken und Regen die Reise nochmals spannend werden.
Kurz nach 21 Uhr waren wir dann mit kleiner Verspätung alle sicher in A Coruna angekommen. Mit dem Taxi ging es dann im Tiefflug (mit bis zu 81 kt bzw. 150 km/h) ins Hotel und zum verdienten Nachtessen.
Das Wetter zu Beginn des zweiten Tages liess noch etwas zu wünschen übrig. Die Wolkendecke war im Verhältnis zum Vorabend etwas höher und vor allem aufgelockerter. Aber von «grand beau» konnte noch keine Rede sein. Trotzdem war genau dieses Wetter sehr spannend, konnte man sich doch problemlos über die Wolken begeben und die Navigation unter erschwerten Bedingungen üben.
Während mehrere Crews den Weg in Richtung Süden via Santiago de Compostela geplant hatten, durfte für unsere Crew der Überflug des Kaps «Finisterre» - gleichbedeutend mit «Ende der Erde» - nicht fehlen. Weiter konnten wir in diesem Abschnitt des Fluges den Nordwind optimal nutzen und waren zweitweise mit 162 kt Groundspeed (300 km/h) unterwegs.
Kurz vor der spanisch-portugiesischen Grenze verschwanden dann alle Wolken und wir konnten bei bestem VFR-Wetter unsere Flüge durchführen. Mit dem Überqueren der FIR-Boundary stieg dann die Intensität des Funkverkehrs. Die spanischen Lotsen wollten möglichst wenig Funkverkehr mit uns. In Portugal war das dann ganz anders.
Die Flugverkehrsleiter wollten jeden Fluss, den man überquert, gemeldet haben (Report next River oder Report next mouth of the River!). Unsere erste Landung in Portugal erfolgte in Vilar de Luz (Porto). Via Coimbra – wo wir extra eine längere Mittagspause einlegten, um die Stadt zu erkunden – und Cascais (Lissabon) erreichten wir am Abend dann die Algarve. Aus bürokratischen Gründen mussten wir unsere Flieger dann in Portimão anstelle dem geplanten Lagos abstellen und mit dem Taxi nach Lagos fahren.
Für den dritten Tag war eigentlich das folgende Routing vorgesehen: Lagos bzw. eben Portimao-Jerez-Tanger (Marokko)-Granada-Cordoba. Aufgrund des am selben Wochenende stattfindenden Töff-GP in Jerez wurde uns der Tank- & Zoll-Stopp in Jerez bzw. Sevilla aber verwehrt.
Faro als nächster Zollplatz in Portugal ist unbezahlbar. So blieb nur der Versuch, einen Zöllner zu finden, welcher – für ein entsprechendes Entgelt – nach Portimão kommt. Nach vielen Telefonaten vom Flughafenmanager in Portimão, einem portugiesisch sprechenden Teilnehmer und dem Organisator fand man einen Zöllner, welcher die Reise nach Portimão unter die Räder genommen hätte. Sein Vorgesetzter in Lissabon wollte diesen «Ausflug» aber auf keinen Fall bewilligen.
So blieb uns nichts anderes übrig, als Marokko zu streichen. Kurz nach 12:00 Uhr hoben wir dann alle einer nach dem anderen ab mit Ziel Granada. Natürlich wollten wir Afrika zumindest sehen. So flogen alle in Richtung der Meerenge von Gibraltar. Wir achteten darauf, dass wir trotz des Dunstes wenigstens die Berge von Tanger sehen konnten.
Da wegen des fehlenden Zolles in Portugal/Spanien auch keine Landung in Gibraltar möglich war, konnten wir beim «Gibraltar International Airport» nur einen Low Pass erfragen, welcher uns auch sofort gewährt wurde. Auf FL75 – 95 hatten wir anschliessend die CTR/TMA von Málaga zu durchqueren.
In Granada erlebten wir dann eine neue Stufe der Bürokratie. Für das Auftanken von vier Flugzeugen (zwei Cessnas und zwei Piper Archer) braucht man rund 1:15 Stunde. Für das Bezahlen der Landetaxe sogar 1:30 Stunden. Als wir dann kurz nach 17 Uhr Lokalzeit am Rollhalt der Piste standen und für den Abflug nach Cordoba bereit waren, informierte uns die Flugsicherung, dass die Feuerwehrleute am Flughafen in Cordoba bereits nach Hause gegangen seien und man uns daher keine Starterlaubnis erteilen konnte (obwohl der Flughafen an der Destination offiziell noch geöffnet war).
Also zurück zum Standplatz, im Flugplatzbüro die Landetaxe zurückfordern (ist in Granada so – die Landetaxe darf nur bezahlt werden/sein, wenn ein bewilligter Flugplan vorhanden ist!) und ein Hotel in Granada suchen. Das war wohl das erste Mal, dass ich für die gleiche Nacht zwei Hotelzimmer bezahlen musste!
Der zweitletzte Tag sollte uns wieder in die Nähe der Schweiz bringen. Via Albacete – einem grossen Luftwaffenstützpunkt der Spanier – und Reus (bei Barcelona) nach Avignon. Bis in die Region der spanisch-französischen Grenze konnten wir das Wetter und die Aussicht so richtig geniessen.
Mit dem Überqueren der FIR-Boundary zwischen Figueres und Perpignan begann der Mistral, seinen Einfluss auf unsere Flughöhen und Fluggeschwindigkeiten auszuüben. Teilweise mit nur geringen 85 kt Groundspeed ging es dem Tagesziel entgegen. Leider war der ganze Ausflug für die HB-PMT etwas zu viel und der Flieger hatte einen technischen Defekt. Ein Rückflug am nächsten Tag in die Schweiz war nicht mehr möglich.
Bereits während des Nachtessens am Vorabends wurde klar, dass der Wind – und nicht die Kaltfront in der Schweiz – das grosse Thema sein würde für unsere Heimreise. Während des Frühstücks am Sonntag mussten wir dann einsehen, dass ein Flug von Avignon nach Annecy nicht in Frage kommt. Wind zu diesem Zeitpunkt: 350° 23 kt mit Böen bis 35 kt – im Tagesverlauf sollte dieser dann noch auf 30 kt mit Böen 40 kt und temporär sogar auf 35 kt Böen 55 kt (35 kt = 64 km/h, 40 kt = 74 km/h, 55 kt = 102 km/h) steigen.
Vier Teilnehmer erklärten sich bereit, den Tag in Avignon zu verbringen und unsere Flieger am Montag – wenn der Wind etwas nachgelassen sollte – im Direktflug nach Zürich zu überführen. Die Mehrheit der Teilnehmenden wählte für die Heimreise den TGV. Avignon TGV ab um 08:51 Uhr mit Ankunft in Zürich Hauptbahnhof um 14:33 Uhr (mit einmaligem Umsteigen in Mulhouse). Unterwegs erreichten wir mit dem TGV max. 172 kt – was rund 318 km/h entspricht – wobei auch der TGV mit dem Mistral zu kämpfen hatte und dieser im Rhonetal seine Geschwindigkeit trotz Hochgeschwindigkeitsstrecke massiv reduzieren musste.
Zum Schluss bedanke ich mich bei allen, welche zum guten Gelingen dieses grandiosen Navfluges beigetragen haben. Bei der HB-PIV hat dieses verlängerte Wochenende mit einer Flugzeit von 23:40 h zu Buche geschlagen. Wir haben eine sehr gute Kameradschaft gepflegt und haben uns gegenseitig immer aktiv unterstützt. Ein ganz spezieller Dank gebührt dem Organisator Martin Rentsch.
Dieser hat bereits im letzten Herbst begonnen die notwendigen Hotelzimmer zu reservieren. Mit viel Verhandlungsgeschick hat er uns so manche Handling-Fee erspart oder zumindest reduziert. Trotz aller Widrigkeiten war er immer guten Mutes und hat ein für uns alle einmaliges Erlebnis geschaffen. Herzlichen Dank dafür.